Donnerstag, 28. August 2014

Eiskalt



Eiskalt


Heute Morgen fühlte ich mich, als ob ich mir einen Eimer Eiswasser über den Kopf geschüttet hätte.

Sicherlich machen so etwas gewisse Leute freiwillig. Statt seine Genitalien zu entblößen, was ja strafbar wäre. Was weiß ich. 

Und es gibt auch Menschen, die sich krankheitsbedingt immer so fühlen, als befänden sie sich in einem Kälteschock.

Das tut mir beides leid, aber das war es in meinem Fall nicht.

Heute Morgen habe ich ein Video gesehen, das zeigte, wie vor laufender Kamera über vierzig Menschen, darunter Frauen und Kinder, bestialisch abgeknallt wurden. Sie lagen nebeneinander gefesselt auf dem Boden und wurden förmlich hingerichtet.

Das ist für mich schwer zu verpacken, denn es passierte irgendwann im 21. Jahrhundert, sogar irgendwann in diesem Jahr.

Ich hatte so etwas zuletzt zur Zeit des Jugoslawienkrieges gesehen, als ich in Hanau einen Freund aus Serbien besucht hatte. Er zeigte mir Polaroid-Fotos, die das unmenschliche Grauen wiedergaben, das auch dort in diesem sinnlosen Bürgerkrieg vorherrschte.
Es benötigte eine lange Zeit, um das zu verarbeiten, obwohl es nicht meine Verwandten waren, die dort zerstückelt, geschändet und gemetzelt worden waren.

Wie soll Zoran jemals damit klarkommen, wenn für mich als Unbeteiligter der Schrecken ausreicht, um wochenlang schlecht zu schlafen?

Jetzt, wo ich selbst Kinder habe, wiegen solche Gedanken doppelt schwer.

Seit heute Morgen ist das alles wieder da. Aber wenn es doch nur in meinem Kopf wäre, damit könnte ich irgendwie umgehen. Leider ist es real. Es passiert vor unseren Augen, und zwar nicht nur in Syrien. Es passiert überall, wo Macht korrumpiert wird und Menschen zu Spielfiguren und zu Opfern werden.

Mir lief nur gefühlt einer kalter Schauer über den Rücken, aber anderswo stürzen die Mauern des eigenen Hauses über Frauen und Kindern zusammen.

Als Deutscher trage ich wie jeder andere aus meinem Land die Schande des Holocaust mit mir herum. Obwohl ich da noch gar nicht geboren war, genauso wenig wie die Kinder in Gaza diesen Konflikt zu verantworten haben, der vor sieben Jahrzehnten begann.
Damals bestand das Perfide daran, dass systematische Massenvernichtung von Menschen in Deutschland betrieben wurde.

Aber ich möchte, dass Ihr Euch einmal klarmacht, dass es in der Natur der Rüstungsindustrie liegt, die Massenvernichtung als technologisches Ziel anzustreben. Das ist doch der Witz an neuen Waffen: Effizienz, die darin besteht, so viele wie möglich umzubringen. Je einfacher, desto besser.
Kinderleicht soll es sein. Und zwar im wahrsten Sinne.

In meinem ersten Buch habe ich schon versucht anzudeuten, wie moderne Kriegsführung heutzutage aussieht.

Leider wird es noch schlimmer werden. Ein Atomkrieg ist gemessen an den Möglichkeiten der heutigen Kriegsmaschine eher als gnädig einzustufen.

Ich möchte appellieren, sich zum Pazifismus zu bekennen.

Dazu gehört auch, dieses korrupte Pack, das man allgemein als Waffenlobby bezeichnet, (was mir persönlich ein viel zu positiver Begriff ist für diesen Abschaum) aus den Parlamenten zu werfen.

Wählt keine Regierung, die Waffen exportiert. Sollen die verblendeten Idioten doch mit Steinen werfen.

Wählt keine Regierung, die nicht Farbe bekennt für den Frieden und für Aussöhnung. Diplomatische Gespräche sollten an die Stelle von Bündnisverpflichtungen treten.

Es gibt in Zeiten wie diesen nur eine Waffe, die funktioniert, um den Frieden zu sichern:

Das ist der eigene Verstand.

Benutzt ihn, um die Ahnungslosen zu informieren. Argumentiert und überzeugt.

Keiner möchte in Trümmern leben und seine Kinder beerdigen.


Dienstag, 19. August 2014

Böses Erwachen



Böses Erwachen


Seit Mitte Juli war ich auf Festivaltour und hatte zwischen den Blöcken auch nur maximal zwei bis drei Tage, die ich zu Hause verbringen konnte. Dort war ich natürlich mit familiären Angelegenheiten und dem Endspurt für die Fertigstellung meines zweiten Buches, „Tantalos 2001“, ziemlich im Overload.

Mir ging das Weltgeschehen gepflegt am Allerwertesten vorbei.

Auf den Festivals selbst lebst Du eh in einer Parallelwelt, meistens mangels Netzempfang sowieso völlig isoliert von allem anderen.

Soundcheck-Show-Changeover-Soundcheck-Show-Changeover

Das Ganze 9-mal am Tag, dann duschen, Bier trinken, schlafen und da capo.

Gegessen wird am Mischpult während der Arbeit.

Nun hatte ich einen freien Tag im Hotel am Chiemsee, mit freiem W-LAN, viel Langeweile und viel Zeit, die ich nutzte, um im Internet die Geschehnisse der letzten Wochen abzufragen.

Das war ein böses Erwachen.

Afghanistan, Ägypten, Syrien, Gaza, Ukraine, Somalia und der Iran.

Was ist da los?

In Syrien beschießen Panzer Wohngebiete, der siebenjährige Sohn eines Islamterroristen hält den Kopf eines Opfers in den Händen und Vati twittert dieses ganz stolz. Die Amerikaner bombardieren ihre selbstgemachten Fehler weg und unsere Regierung plant im Voraus sieben Militäreinsätze im Ausland. Gleichzeitig kritisiert man Sigmar Gabriels Vorschlag, Waffenexporte zu verringern, als friedensgefährdend.

Überall krepieren Unschuldige. Dabei geht es um wirtschaftliche Interessen oder Macht.
In der Zukunft sehe ich da weder eine Lösung, noch eine Verbesserung.

Was können wir tun?

Die Frage ist eher, wozu wären wir noch im Stande?

Unsere Jugend hat heute keine Vorbilder aus Fleisch und Blut. Früher waren es Nelson Mandela, Frank Elstner, Mutter Theresa, Albert Einstein, Jesus Christus oder auch Sid Vicious, doch das ist vorbei.

Unter den jetzigen Politikern findet sich nur personifizierte Korruption und Unverständnis für die Jugend. Genauso im Sport.

Sogar Helmut Kohl gab es mal als Poster Boy. Angela mag ich mir als Ausklappbild echt nicht vorstellen.

Es sind Marken, die heute regieren. Diese Marken vermitteln unseren Kindern Status, Ansehen und legen Hierarchien auf dem Schulhof und in der Stammdisco fest. Marken transportieren bei den Kindern und Jugendlichen Emotionen, Träume und bedienen auch Defizite. Ablehnung und Minderwertigkeitsgefühle werden scheinbar von Marken kompensiert.

Das funktioniert aus zwei Gründen.

Zum einen, weil ganz gezielt Werbung für die Zielgruppe der Kinder und Jugendlichen gemacht wird. Mit 15 Jahren bestimmen die Hälfte der Jugendlichen über ihr Aussehen, mit 16 schon 80 Prozent.

Hier wird ein Markenbewusstsein geschaffen, denn mit 25 Jahren erfordern Marken, die ihnen nicht geläufig sind, den fünffachen Werbeaufwand.

Hier kommen wir indirekt zum zweiten Grund, der Medienerziehung.

Ungeschützt in einem wirtschaftlichen Überwachungsstaat prasselt alles auf die Kinder und Jugendlichen nieder, was sich die Konzerne ausdenken, um künftige Käufer zu rekrutieren, denn nichts anderes ist unser Nachwuchs für die Wirtschaft.

Wer von den Eltern vermittelt denn seinen Kindern noch echte Werte? Wer regelt denn die Medienzeit altersgerecht und hinterfragt Inhalte, mit denen seine Kinder konfrontiert werden?

Es gibt sie, aber es sind zu wenige.

Letzten Endes leben wir hier in einer Wirtschaftsdiktatur und haben nicht zu melden.
Aber man sollte sich einmal klar machen, dass unsere Kinder, auch wenn sie nicht so wie fast überall auf der Welt um uns herum, übel verrecken, sie dennoch Opfer darstellen.
Zum einen die Opfer unserer eigenen Ignoranz, sich nicht zu wehren gegen die Einflussnahme der Wirtschaft.

Zum anderen aber auch die Opfer des Unterganges der menschlichen Werte.

Und wir sehen dabei zu. Oder schauen Promi BB. Mit Schill, dem Arschloch.

Das gibt wirklich nochmal ein böses Erwachen.