Dienstag, 19. August 2014

Böses Erwachen



Böses Erwachen


Seit Mitte Juli war ich auf Festivaltour und hatte zwischen den Blöcken auch nur maximal zwei bis drei Tage, die ich zu Hause verbringen konnte. Dort war ich natürlich mit familiären Angelegenheiten und dem Endspurt für die Fertigstellung meines zweiten Buches, „Tantalos 2001“, ziemlich im Overload.

Mir ging das Weltgeschehen gepflegt am Allerwertesten vorbei.

Auf den Festivals selbst lebst Du eh in einer Parallelwelt, meistens mangels Netzempfang sowieso völlig isoliert von allem anderen.

Soundcheck-Show-Changeover-Soundcheck-Show-Changeover

Das Ganze 9-mal am Tag, dann duschen, Bier trinken, schlafen und da capo.

Gegessen wird am Mischpult während der Arbeit.

Nun hatte ich einen freien Tag im Hotel am Chiemsee, mit freiem W-LAN, viel Langeweile und viel Zeit, die ich nutzte, um im Internet die Geschehnisse der letzten Wochen abzufragen.

Das war ein böses Erwachen.

Afghanistan, Ägypten, Syrien, Gaza, Ukraine, Somalia und der Iran.

Was ist da los?

In Syrien beschießen Panzer Wohngebiete, der siebenjährige Sohn eines Islamterroristen hält den Kopf eines Opfers in den Händen und Vati twittert dieses ganz stolz. Die Amerikaner bombardieren ihre selbstgemachten Fehler weg und unsere Regierung plant im Voraus sieben Militäreinsätze im Ausland. Gleichzeitig kritisiert man Sigmar Gabriels Vorschlag, Waffenexporte zu verringern, als friedensgefährdend.

Überall krepieren Unschuldige. Dabei geht es um wirtschaftliche Interessen oder Macht.
In der Zukunft sehe ich da weder eine Lösung, noch eine Verbesserung.

Was können wir tun?

Die Frage ist eher, wozu wären wir noch im Stande?

Unsere Jugend hat heute keine Vorbilder aus Fleisch und Blut. Früher waren es Nelson Mandela, Frank Elstner, Mutter Theresa, Albert Einstein, Jesus Christus oder auch Sid Vicious, doch das ist vorbei.

Unter den jetzigen Politikern findet sich nur personifizierte Korruption und Unverständnis für die Jugend. Genauso im Sport.

Sogar Helmut Kohl gab es mal als Poster Boy. Angela mag ich mir als Ausklappbild echt nicht vorstellen.

Es sind Marken, die heute regieren. Diese Marken vermitteln unseren Kindern Status, Ansehen und legen Hierarchien auf dem Schulhof und in der Stammdisco fest. Marken transportieren bei den Kindern und Jugendlichen Emotionen, Träume und bedienen auch Defizite. Ablehnung und Minderwertigkeitsgefühle werden scheinbar von Marken kompensiert.

Das funktioniert aus zwei Gründen.

Zum einen, weil ganz gezielt Werbung für die Zielgruppe der Kinder und Jugendlichen gemacht wird. Mit 15 Jahren bestimmen die Hälfte der Jugendlichen über ihr Aussehen, mit 16 schon 80 Prozent.

Hier wird ein Markenbewusstsein geschaffen, denn mit 25 Jahren erfordern Marken, die ihnen nicht geläufig sind, den fünffachen Werbeaufwand.

Hier kommen wir indirekt zum zweiten Grund, der Medienerziehung.

Ungeschützt in einem wirtschaftlichen Überwachungsstaat prasselt alles auf die Kinder und Jugendlichen nieder, was sich die Konzerne ausdenken, um künftige Käufer zu rekrutieren, denn nichts anderes ist unser Nachwuchs für die Wirtschaft.

Wer von den Eltern vermittelt denn seinen Kindern noch echte Werte? Wer regelt denn die Medienzeit altersgerecht und hinterfragt Inhalte, mit denen seine Kinder konfrontiert werden?

Es gibt sie, aber es sind zu wenige.

Letzten Endes leben wir hier in einer Wirtschaftsdiktatur und haben nicht zu melden.
Aber man sollte sich einmal klar machen, dass unsere Kinder, auch wenn sie nicht so wie fast überall auf der Welt um uns herum, übel verrecken, sie dennoch Opfer darstellen.
Zum einen die Opfer unserer eigenen Ignoranz, sich nicht zu wehren gegen die Einflussnahme der Wirtschaft.

Zum anderen aber auch die Opfer des Unterganges der menschlichen Werte.

Und wir sehen dabei zu. Oder schauen Promi BB. Mit Schill, dem Arschloch.

Das gibt wirklich nochmal ein böses Erwachen.


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