Mittwoch, 10. September 2014

Der 18te



Der 18te


Neulich brauchte ich etwas aus der Garage. Als ich das Tor öffnete, begrüßten mich fünf bis sechs Kisten Bier, unzählige Spirituosen und etliche Alkopops, Kräuterschnäpse und was man sonst noch für eine nachhaltige Alkoholvergiftung braucht. Und original zwei Tüten Chips. 

Da fiel es mir wieder ein: Der achtzehnte Geburtstag meiner Tochter stand vor der Tür…

Schon seit Wochen bunkerte sie den Sprit wie ein Eichhörnchen seine Nüsse vor dem härtesten Winter in Westeros. 

Ich nahm die beiden Chips Tüten und ging damit zu meiner Tochter, die ungefähr dreißig Personen eingeladen hatte.

„Wer soll die denn bitte alle essen?“, fragte ich sie und hielt in jeder Hand eine Chips Tüte hoch. Sie hatte mich schon verstanden, denn sie streichelte meinen Arm und sagte nur: „Ach, Papa. Du darfst dir ruhig ein Bier nehmen. Wir holen eh noch ein paar Dosen aus Holland.“

Sie hatte sogar einen Raum gemietet. 

Das heißt, sie wollte. 

Ich hatte den Chauffeur gespielt, wie zuletzt fast täglich bis zum Super-GAU an besagtem Geburtstag, und der Mann, der den Saal vermietete dachte wohl zuerst, ich wäre auch der Mieter. Eigentlich wollte ich gar nichts mit der Party zu tun haben.

„Ich brauche noch ihre Unterschrift…“, sagte Party-Meyer. „Ich? Ich will damit gar nichts zu tun haben.“, sagte Papa Pilatus und wusch seine Hände in Unschuld.

Party-Meyer erwies sich als ausgesprochener Emotionalerpresser und dann hing ich da mit drin.

Nun, ich bin ja kein gewöhnlicher Spießer-Daddy, und na gut, dachte ich, dann passe ich halt ein wenig auf. Ganz cool. Im Hintergrund. Wenn ich schon unterschreiben muss. Zahlen musste ich es ja sowieso.

Alkohol? - Check!

Venue? -  Check!

Beschallung und Licht? – Fehlanzeige!

Hier kommt wieder Papa ins Spiel. Wenn ich eh schon dabei sein muss…

Am Tag des Super GAU fuhr ich zuerst die ganze Ladung Getränke zum Partyraum und dann checkte ich die Stromsituation.

Okay 32 Ampere CEE. Ist nicht die Welt, aber ein paar Schukodosen gab es auch noch.
Spontan dachte ich an LEDs.

Also fuhr ich zu einem Kumpel, der etwas Material hatte und kam mit einem Bully voller TECHIE-Spielwaren zurück.

Der Raum an sich, wenn man es engstirnig betrachtete, fasste insgesamt 50 Leute. Zuzüglich der Plätze hinter dem Tresen.

Party-Meyer sah mich ungläubig an, als ich die Lautsprecher nacheinander hineinschaffte. Aber das Case passte nicht mehr in den Bully, deshalb musste ich die 4 HighQs einzeln transportieren. 
Wenigstens die fetten SB 28 - Subbässe hatten Rollen. 

Ich brauchte nur ein Amprack, so konnte ich entspannt 16 Ampere auf die LED-PARS verteilen. Sah toll aus. 

Aber das tat ich gerne. Wenn Papa schon dabei ist, will er auch gescheit Musik hören.

„Keine Angst, das reicht schon für den kleinen Raum…“, beruhigte ich Party-Meyer und nahm ihm den Schlüssel aus der Hand.

Ja, man ist ja kein gewöhnlicher Spießer-Daddy. Was haben wir früher Party gemacht. Da hätte ich mir so eine Anlage gewünscht.

Eigentlich hatte jeder nur ein einziges Mal eine Party veranstaltet. Eigentlich endete alles stets in einer Katastrophe…

Ich verdrängte das und machte mir ein Bier auf. Das erste und letzte, ist klar.

Abends dann trafen nach und nach die Gäste meiner Tochter ein.
Nun gut. Positiv formuliert muss ich zugeben, ich hätte sie nicht eingeladen.  Plötzlich war auch die „13“ von Black Sabbath aus und stattdessen brüllte Kid Ink rhythmische Schimpfwörter in Zusammenhang mit Mord und Totschlag.

Aber ich wollte mich ja im Hintergrund halten.

„Versprochen, Papa?“ „Ja.“ „Gut.“

Das Bier wurde von diesen Zwiebelbrettchen in NIKES kaum angerührt. Die tranken nur Hochprozentiges. So, wie die aussahen, kippen die doch schon vor zwölf aus den Latschen.

Ich nahm mir das nächste letzte Bier. Mit dem Taxi nach Hause sind es höchstens zehn Euro. Kann ich sogar absetzen. Prost.

Zwei Stunden später versuchte Helene Fischer, französische Lautsprecher zu schänden. Gefolgt von Alex C-Du hast den schönsten Arsch der Welt, (klar, mich, dachte ich) und Tyga-bouncing on my dick.

OMG

Na, ja. Ich wollte ja eh ein Taxi nehmen. Prost.

Kurz vor Mitternacht hatte sich meine Tochter dann von ihrem Freund getrennt. Ich musste ihn dann sogar rauswerfen, da er auf der Straße der Alkopops seine Manieren verloren hatte.

„Schatz, eigentlich sollte ich Dir etwas schenken…“, bedankte ich mich um Mitternacht bei meiner Tochter. „Herzlichen Glückwunsch! Zu allem!“

Leider hatte sie meine Freude über ihre Änderung des Beziehungsstatus bei Facebook in „single“ nicht „geteilt“. 

Es ist kompliziert. Mit erwachsenen Kindern.

Die Euphorie wegen des verlorenen Schwiegersohnes machte mich durstig.

Da auch zwei Drittel der Spackos, die zum Ex meiner Tochter gehörten, das singende Schiff aus Staatsraison verlassen hatten, dachte ich, etwas Rock´n´Roll könnte die Stimmung aufhellen.

Was liegt dem Anlass näher, als die „Trennfrequenz“ der Subs zu ändern?

Ich legte den Fokus etwas auf den Bereich Infraschall und zeigte den durchaus netten jungen Leuten, die noch da blieben, wozu eine Double-Bassdrum bei Bands wie Sepultura im Stande ist.

Wir stießen mit Wodka-Lemon an. Prost.

Als wir bei meinem Exkurs bei Jägermeister und beim Genre „Punk“ angekommen waren, gesellte sich die Polizei zu uns. 
Das blaue Licht der LED – PARS passte genauso zu diesem Besuch wie der Song „Bullenschweine“ von SLIME, den irgendeiner der netten Jungs auf seinem iPhone hatte.

Entweder der, der auf der Toilette in seinem Erbrochenem eingeschlafen war, oder der andere, der anscheinend bewusstlos geworden ist, bevor er seine Tüte anzünden konnte. 

Der dritte konnte es nicht sein, da er schon vorher im Mac Donalds verhaftet worden war.
Zusammen mit meiner Tochter. Und dem, der betrunken gefahren war.

Party-Meyer hatte schon Recht. Es ist immer besser, wenn Erwachsene aufpassen.

Wenn Du es nicht schaffst, erwachsen zu werden, passe erst Recht auf.

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